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Drei Appenzeller

Eine Kindergeschichte aus der Reihe „zickzack Geschichten von Oma und Opa“

In den Schweizer Bergen, jodeln Kühe und Schweine frei nach Schnauze, meckern Ziegen wie Operndiven und eigensinnige Hühner tragen Spitzhauben auf dem Kopf.

Dort leben drei Freunde: Käsi, ein runder, stolzer Käse mit einem geheimnisvollen Kräutermantel, Hilda, ein stotterndes Huhn mit Spaß an dramatischen Höhenflügen und Batzli, ein zotteliger Hund mit einem Herz so groß wie ein Riesenrad.

Sie gehören zum Hof von Uroma Berta, einer Käserin, die einen Hullahub Reifen achtundachtzig Mal um ihren Bauch schwingen kann, klebrigen Waldmeisterlikör in der Thermoskanne hat und einen kirschroten Traktor fährt.

Eines Morgens, nachdem der Nebel wie durch Geisterhand das Tal verlassen hatte, schrie Hilda aus dem Hühnerstall: „Kä-Kä-Käsi ist weg.“ Hilda plusterte sich auf und die fedrige Haube auf dem Kopf wackelte wie ein Wischmopp hin und her.

„Was meinst du mit weg?“ Batzli kroch aus seiner Hütte und machte sich groß wie ein Hochhaus auf vier Beinen. „Käsi kann doch nicht einfach… äh… aus dem Regal rollen?!“

Doch genau das hatte Käsi getan. Er war nämlich beleidigt. Seit Tagen lobte und streichelte ihn niemand, oder wendete ihn vom Bauch auf den Rücken. Immer nur hörte er: „Noch zu jung!“ oder „Der riecht ja wie Batzlis Schlafdecke!“

Also ist Käsi in der Nacht heimlich davon gerollt und wie ein dicker Autoreifen über Heuhaufen, Elektrozäune und Schafskacke den Hügel hinunter gehopst – auf der Suche nach einem Ort, wo man ihn endlich zu schätzen wusste. Käsi war so in Schwung, dass seine Fahrt nicht im Tal, sondern auf dem Berg gegenüber endete.

„Den su-su-suchen wir!“, gackerte Hilda. „Ich kann wie eine Drohne fliegen und Käsespuren noch vom We-We-Weltall aus erkennen.“

„Und ich schnüffle!“, Batzli rannte los, seine Ohren flatterten wie Uroma Bertas Spitzenunterhöschen auf der Wäscheleine. Er schrammte eine leere Milchkanne, die scheppernd umfiel, tappte in zwei frische Kuhfladen und begegnete einem verwirrten Murmeltier.

Unterwegs fragten sie Tiere nach Käsi. Die Kuh vom Nachbarhof meinte, sie habe ihn pfeifen gehört, ein Hase behauptete, Käsi sei direkt zum Gummibärenladen in die Stadt und eine verschreckte Weinbergschnecke schraubte langsam ihre Fühler in die Höhe, weil Käse haarscharf an ihrem Haus vorbeigerollt ist, blieb aber stumm, und eine Ziege meckerte, „er hat gejodelt und ist dann mit dem Wind abgehoben!“.

„Un-Un-Unmöglich!“, empörte sich Hilda. „Er ist ein Käse, kein Zeppelin auf Gummibärchen-Einkaufstour!“

Schließlich fanden sie Käsi – oben auf dem Hügel, wo die Aussicht atemberaubend war und der Wind nach frisch gewaschenen Wolken roch. Er lag auf einer uralten Holzbank und murmelte: „Hier versteht mich wenigstens der Wind.“

„Du alter Laib!“, bellte Batzli. „Heim mit dir – wir brauchen dich! Als Freund, aufs Käsebrot, … äh… als Herzenswärmer!“

„Und du riechst fan-fan-fantastisch! Nach Abenteuer, Zwiebelbeet und Kräuterpu-pu-ps!“, gackerte Hilda.

Käsis Herz wurde ganz weich. Und plötzlich lüftete er sein Geheimnis:

„Ich bin nicht irgendein Käse. Ich bin… der legendäre 153-Kräuter-Käse von Appenzell! Nur alle 100 Jahre gibt es einen von meiner Sorte!“

„Dann bist du ja eine Käserei-Legende!“, japste Batzli. „Wie bist du überhaupt hier hochgekommen?“

„Grad drauflos, volle Pulle!“, sagte Käsi.

In diesem Moment knatterte Uroma Berta mit ihrem Traktor über die Wiese, zwei Räder in der Luft, der Rest im Gleichgewicht. Käsi wurde eingesammelt, Hilda obenauf, Batzli schnüffelnd voraus. Der Heimweg war so rasant, dass die Thermoskanne vom Traktor flog. Batzli schnappte zu, bevor sie auf dem Haus der Weinbergschnecke landete.

Hochverehrte Berta!

Der große Appenzeller Käse-Wettbewerb findet dieses Jahr auf dem Marktplatz statt!

Kategorien: Würze, Witz, Walk, Weisheit

Hauptpreis: Goldene Käsereibe

Käsi war sofort elektrisiert, „Endlich! Ich bin reif für die Bühne, für echten Käse-Charakter!“

Hilda flatterte vor Aufregung im Zickzack mehrmals gegen den Hühnerzaun.

„Du brauchst Laufsteg-Training! Ich werde deine Managerin! Und Batzli wird dein Bodyguard!“, legt Hilda fest und Batzli bellte zustimmend.

Der Wettbewerb war ein riesiges Spektakel auf dem Marktplatz.

Käse aus aller Welt waren da:

ein Brie mit Esprit aus Frankreich,

ein kühler Cheddar aus einer englischen Grafschaft,

ein salziger Feta aus Griechenland,

ein schüchterner Gouda aus den Niederlanden,

ein grimmiger Gorgonzola aus Italien,

ein stinkender Harzer aus dem deutschen Gebirge,

sogar ein blonder Brick aus Amerika ist angereist

und erwartet siegessicher den Pokal.

Kategorie: Würze

Die Jury schnupperte und kaute. Doch was war das?
Sie niesten plötzlich alle gleichzeitig.

„Käsi – mein Ka-Ka-Kandidat – ist mit 153 Kräutern gereift“, sagte Hilda stolz. „Er trägt einen Mantel aus Wacholder, Geheimwurz und ein Hauch Selbstmut, und der kitzelt in sensiblen Nasen.“

Kategorie: Witz

Käsi trug seinen selbstgeschriebenen Käsewitz vor:

„Was sagt der Appenzeller zum Gouda?

„Du schmilzt gleich dahin, wenn`s mal bergauf geht – mit mir auf der Stulle ist jede Brotzeit ein Vergnügen.“ 
Das Publikum war außer Rand und Band.

Kategorie: Walk

Jede Käsesorte musste über ein Catwalk-Brett rollen – äh, balancieren.

Der Brie glitt aus. Der Gorgonzola blieb kleben. Der Harzer war zu krümelig.

Aber Käsi? Der rollte rückwärts, machte einen Doppelsalto und landete in einer eleganten Käsepose.

Donnernder Applaus!

Kategorie: Weisheit

Die Jury fragte:

„Was ist der Sinn des Lebens – für einen Käse?“

Käsi antwortete:

„Gut zu reifen – aber nicht zu verschimmeln.“

Doch plötzlich… Der Gorgonzola wurde sauer und versuchte, die goldene Käsereibe zu klauen!

„Niemand nimmt mir meine Schimmelkraft!“, rief er und raste mit der Trophäe davon.

Aber er hatte die Rechnung ohne Batzli gemacht.

Mit einem eleganten Hechtsprung schnappte er das goldene Stück. Der Gorgonzola stolperte – direkt in einen Fondue-Topf.

„Schmelzen mit Würde!“, rief er noch, dann blubberte er dahin.

Käsi gewann die Goldene Reibe – einstimmig.

Er hielt eine kleine Rede:

„Ich widme diesen Preis allen, die würzig, rund oder anders sind. Bleibt reif, bleibt eigen – und reibt euch nie zu sehr an den anderen!“